Cookie Consent by PrivacyPolicies.com

Tuifly führt am Freitag gerade einmal zehn Flüge durch

Wegen zu vieler Krankmeldungen stellt Tuifly heute den Betrieb fast vollständig ein. Zu den Ausfällen hatte die Bekanntgabe der Fusion von Air Berlin und Tuifly geführt. Mit gemieteten Flugzeugen sollen zehn Flüge am Freitag durchgeführt werden.

Dabei handelt es sich um vier Flüge von deutschen Flughäfen ins türkische Antalya, einen nach Palma de Mallorca sowie die zugehörigen Rückflüge – mit teils geänderten Abflugzeiten. „Alle weiteren Flüge ab Deutschland, Österreich und der Schweiz sind aufgrund aktueller Crewengpässe für den 07. Oktober gestrichen“, schreibt Tuifly in einer Mitteilung. Die Daten der stattfindenden Flüge sowie Hotline-Nummern für verschiedene Länder veröffentlicht Tuifly in diesem Dokument.

Das Unternehmen leidet bereits seit dem Wochenende darunter, dass sich Kabinencrews vom Dienst abmelden. Die Angestellten reagieren damit nach Aussagen von Gewerkschaftern auf die Pläne der Konzernführung, aus Tuifly und Teilen von Air Berlin ein neues Ferienflugunternehmen zu schmieden. Arbeitnehmervertreter fürchten Job-Verluste und schlechtere Tarifbedingungen.

Air Berlin könnten ebenfalls Ausfälle drohen, denn ein Drittel der TUI-Flotte fliegt samt Besatzung für Air Berlin.

 

Für Air-Berlin-Kunden empfiehlt sich die Live-Auskunft der Airline.

 

Tuifly hat am Donnerstag für Air Berlin keinen einzigen der geplanten 90 Flüge durchgeführt. Mit Hilfe anderer Crews habe Air Berlin 30 Flüge anbieten können.

Die Flugbegleitergewerkschaft Ufo hat jegliche Verantwortung für die massenhaften Krankmeldungen abgelehnt. „Das ist definitiv kein Mittel zum Arbeitskampf für uns“, sagte der Tarifexperte Nicoley Baublies. Man rufe dazu nicht auf und distanziere sich klar von einem möglichen Missbrauch.

„Wilder Streik“? Fluggesellschaft machtlos gegen Krankmeldungen

Nach Einschätzung des Arbeitsrechtlers Robert von Steinau-Steinrück hat die Fluggesellschaft kaum Möglichkeiten, die Krankmeldungen ihrer Beschäftigten zu hinterfragen oder ihnen gar einen „wilden Streik“ nachzuweisen.

Falsche Krankmeldungen erfüllen dem Fachanwalt zufolge den Straftatbestand des Betruges. Angst vor der Entdeckung muss ein Simulant allerdings kaum haben, denn der Arbeitgeber habe kaum ein Mittel des Beweises. Der Arbeitnehmer muss in der Regel nur unverzüglich sein Unternehmen über die Krankheit informieren, ein Attest ist erst nach drei Kalendertagen gesetzlich vorgeschrieben.

Der Arbeitgeber kann aber im Einzelfall von Arbeitnehmern verlangen, bei darauffolgenden Krankheitsfällen schon ab dem ersten Tag eine ärztliche Bescheinigung zu bringen, weist der Jurist auf die aktuelle Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts hin. Rückwirkend sei dies aber nicht möglich. Gleichwohl würde er betroffenen Firmen empfehlen, künftig auf sofortige Atteste zu bestehen.

Liegt erst einmal eine ärztliche Bescheinigung der Krankheit vor, ist der Arbeitnehmer endgültig auf der sicheren Seite.

Reiserechtler:

Kunden haben Anspruch auf Entschädigung – Tuifly widerspricht

Nach Ansicht des Juristen Roland Schmid vom Unternehmen Fairplane liegt bei einem solchen Personalmangel kein „außergewöhnlicher Umstand“ vor. Im Gegensatz zu einem regulären Streik hätten Fluggäste also Anspruch auf Entschädigung nach der EU-Fluggastrechtverordnung.

„Die Frage, ob man Personalausfälle einer Fluggesellschaft vorwerfen kann, ist nicht entscheidend. Dass Mitarbeiter krank werden, gehört aber zum täglichen Risiko eines Betriebes. Luftfahrtunternehmen müssen – wie jeder Unternehmer – darauf vorbereitet sein und reagieren können, ohne dass Fluggäste Schaden nehmen. Einen Umstand, der während des normalen Betriebes jederzeit vorkommen kann, kann man aber nicht als ‚außergewöhnlich‘ bezeichnen“, erklärte Schmid bereits in einer Mitteilung vom 4. Oktober. Fairplane ist eines von mehreren Unternehmen, die Entschädigungen von Airlines gegen Erfolgsprovision erstreiten.

Fairplane-Konkurrent Flightright schließt sich dieser Einschätzung an. Krankheitswellen seien normale Betriebsrisiken, die die Airlines einkalkulieren müssten. Bislang habe man rund 500 Ansprüche auf Ausgleichszahlung verärgerter Kunden auf dem Tisch, sagte der Flightright-Geschäftsführer, Philipp Kadelbach. Sollte es weiterhin zu Flugausfällen kommen, rechne man innerhalb kurzer Zeit mit 1500 bis 2000 weiteren Anträgen.

Der Einschätzung der Flugrechtsportale widerspricht Tuifly: Bei den Verspätungen und Ausfällen der Tuifly durch Crew-Engpässe beruft sich der Tui-Konzern auf höhere Gewalt. „Entschädigungs- beziehungsweise Schadensersatzansprüche der Kunden entstehen daraus nicht“, teilte die Tui Deutschland mit. Die Sprecherin betonte: „Die massenhaften und äußerst kurzfristigen Krankmeldungen sind ein außergewöhnlicher und nicht vermeidbarer Umstand im Sinne von höherer Gewalt.“ Aus diesem Grund hätten auch die betroffenen Reise- und Luftbeförderungsverträge gekündigt werden müssen.

 

Quelle: 07.10.2016, 08:59 Uhr | t-online.de, dpa

Menü